Von An(di)gesicht zu An(di)gesicht.

Die nachhaltige Ausrichtung von Startups, Mittelstand, sowie der Großkonzerne habe ich in den vorherigen Beiträgen bereits beleuchtet. Doch wie sieht es auf staatlicher Ebene aus? Im Gespräch (per Videocall beim German Mittelstand e.V.) mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Andreas Lenz*, Vorsitzenden des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung und Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, konnten wir einen Einblick erhalten, wie der Bundestag während der Corona-Krise nachhaltig agieren musste und wie es zukünftig um die Nachhaltigkeitsziele der Bundesrepublik Deutschland steht. 

Corona beschäftigt uns in jedem Gespräch, das wir derzeit führen – und das nachhaltig. Dr. Andreas Lenz wies zunächst darauf hin – und diese Bitte gebe ich weiter -, dass die Corona-Warn-App sehr wichtig sei und man sie sich doch runterladen möge. Er hätte sich zwar gefreut, wenn einerseits auch ein mittelständisches Unternehmen an dieser mitgewirkt hätte und andrerseits die App früher als EU-weite Lösung erschienen wäre. Dennoch wird sie helfen, die dritte Phase zu überstehen. Die ersten zwei Phasen der Krise haben wir laut Dr. Andreas Lenz durch die richtigen Maßnahmen und Mittel verhältnismäßig gut überstanden, was sich auch in den Zahlen widerspiegelt. In der aktuellen dritten Phase steht das Rebooten der Wirtschaft auf der Agenda. Die Spuren, die die Krise hinterlassen hat, sollen durch das Konjunkturpaket mit „kräftigem Finanz-Volumen“ beseitigt werden und im zweiten Schritt zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen. Für Dr. Andreas Lenz bedeutet Nachhaltigkeit, vermutlich auch geprägt durch eine politisch-bedingte Kompromissbereitschaft, eine langfristige Balance aus Ökologie, Sozialem und Ökonomie. Die Verteilung der Förderung muss deshalb einerseits für Nachhaltigkeit sorgen, andrerseits soll eine gewisse Souveränität Deutschlands nicht durch eine vermeintlich effizientere extraterritoriale Lieferkette aufgegeben werden. Es mag hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit von Vorteil sein, Just-in-Time und ohne Lagerplätze zu arbeiten. Eine Verkürzung der Lieferkette und Stärkung der Souveränität durch entschleunigte Liefer-, Lager- und Transformationsprozesse kann, muss aber nicht, nachhaltiger sein. Ein Rückzug aus der Globalisierung ist dabei nicht angestrebt, vielmehr wird eine nachhaltige Eigenständigkeit angestrebt.

So fließen durch das Konjunkturpaket ca. 50 Mrd. EUR in die Entwicklung von Technologie und Innovation, bspw. Künstlicher Intelligenz (KI) oder Quantencomputing. Aber auch in Sachen Mobilität sollen den Betreibern ca. 7,5 Mrd. EUR zukommen. Weitere 7,5 Mrd. EUR sollen Sicherstellen, dass sich Deutschland bzw. Europa in Zukunft selbst mit Impfstoffen, Antibiotika, Schutzausrüstung, Masken etc. versorgen kann. 

Die Höhe des Konjunkturprogramms und der damit verbundenen Verschuldung der BRD kann und muss mit der Generationengerechtigkeit begründet werden, denn ohne diese Unterstützung, hinterließen wir eine geschädigte und von Resilienz geprägte Wirtschaft.

Im Hinblick auf die jüngeren und die folgenden Generationen wird als wichtiges Ziel auch die Anpassung an die stetig fortschreitende Digitalisierung genannt. Wir alle mussten uns in den letzten Monaten mit teilweise neuen Programmen und Systemen anfreunden, um insbesondere die Arbeit im Homeoffice zu ermöglichen. Dabei kam auch bzgl. des Bildungssystems die Diskussion auf, wie der digitale Unterricht der Zukunft aussehen würde und ob das überhaupt umsetzbar sei. Dabei müssen nicht nur die Politiker moderner werden, sondern auch die Lehrbeauftragten offen für Neues sein. Ganz nach Helmut Kohl: „Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter!“. Ob eine Ausbildung rein digital sinnvoll ist, sei, abgesehen von der fehlenden körperlichen Aktivität und eines geregelten Schulalltags, streitig. Eine Verstärkung an den Extremen scheint möglich, sodass die Privilegierten den Bildungsweg vermutlich schaffen würden, die schlechter Gestellten hierdurch aber mit noch mehr Schwierigkeiten zu kämpfen hätten.

Viele Menschen haben auch bemerkt, wie beschleunigt das Leben zuvor doch war. Ein Leben getrieben von Selbstoptimierung und einem Balancieren auf der Kante. Dr. Andreas Lenz sieht hierin eine Renaissance für eine langfristige Entschleunigung und eine Abkehr von extrem beschleunigten Geschäftsmodellen.

Aus diesem Grund wird es auch nicht zu einer kurzfristigen Verschärfung der Klimaziele kommen. Es wird versucht werden, durch eine nationale Strategie die bisherigen Ziele trotz der Krise und des Anspruchs an eine gestärkte, souveräne Wirtschaft zu erreichen. Diese soll anhand einer Nachhaltigkeits-Prüfungsbewertung auf Basis der UN Global Goals im „Think-Tank“ des Bundestages ausgearbeitet werden und sowohl die CO2-Reduzierung als auch den aktuellen Green Deal der EU aus deutscher Sicht stützen.

Danke an meinen Namensvetter für diesen angenehmen und äußerst interessanten Austausch zum Thema Nachhaltigkeit!

… mehr #greenspiration immer mittwochs!


* Dr. Andreas Lenz, geboren am 23.04.1981 in Ebersberg, Diplom-Betriebswirt (FH), ist seit der Bundestagswahl 2013 Abgeordneter des Bundestages aus dem Wahlkreis der Landkreise Erding und Ebersberg. Seiner Heimat ist er tief verbunden und hilft – sofern es die Zeit erlaubt – bis heute in der elterlichen Landwirtschaft mit. Seine Freizeit verbringt er gerne in der Natur, insbesondere beim Bergsteigen, Laufen oder Skifahren.

** Der Autor Andreas Orbig ist keiner Partei zugehörig und gibt das Gespräch objektiv neutral und ohne eigene politische Wertung wieder. Hauptaugenmerk soll der Nachhaltigkeit, nicht dem politischen Diskurs, gewidmet werden.

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